Fernsehen Afghanistan

Legendär geworden ist die Geschichte, wie am 13. November 2001, am Tag als die Taliban aus Kabul flohen, Radio Afghanistan in den Äther zurückkehrte. Nachdem über 6 Jahre hinweg keine Musik abgespielt werden durfte, sendete Radio Afghanistan “Mein süßes Kabul” von Farhad Darya und nahm am nächsten Tag mit einer weiblichen Nachrichtensprecherin den regulären Sendebetrieb wieder auf.

Die Taliban verdammten das Fernsehen und reduzierten auch alle Radioaktivitäten auf den islamistischen Sender “Radio Sharia” so wurde während ihrer Herrschaft nahezu die gesamte Infrastruktur des staatlichen Fernsehsenders RTA zerstört. Heute verfügt RTA noch über 12 Sendeanlagen in den 34 Provinzen, 9 davon sind mittlerweile wieder in Betrieb und ermöglichen den regional begrenzten Empfang. Laut BBC werden jedoch immer wieder Vorwürfe laut, die Regierung nehme starken Einfluss auf die staatlichen Medien. Die Organisation “Reporter ohne Grenzen” berichtet zudem von regelmäßigen Represalien durch die nach wie vor extrem konservativen Gerichte.

Mit Ghoreyan TV nahm bereits 2003 im Westen von Afghanistan das erste unabhängige Bürgerfernsehen den Sendebetrieb auf. Mit einer selbstgebauten Sendeanlage ist das von einem lokalen Elektronikhändler betriebene Bürgerfernsehen immerhin im Umkreis von 5km um das Dorf Ghoreyan empfangbar und stößt auf große Resonanz unter der Bevölkerung.

Die ersten großangelegten privaten Initiativen zum Aufbau von lokalen Fernsehstationen gibt es seit 2004. “Aina-TV” mit Sitz in Sheberghan ist mittlerweile auch in den Hauptstädten der Provinzen Konduz, Samangan und Takhar im Norden des Landes empfangbar. Aina-TV unterhält eine enge Bindung zu den örtlichen Machthabern. Wer hinter Aina-TV steht ist nicht bekannt. Die Internationale Journalistenvereinigung (IFJ) nimmt an, dass es sich bei dem Besitzer um den Warlord General Rasid Dostum handelt, der sich 2004 mit um die Präsidentschaft bewarb.

Unter dem Namen “Afghan-TV” ging im Mai 2004 der erste afghanische Unterhaltungssender in Kabul auf Sendung. Der Unternehmer Ahmad Shah Afghanzai baute diesen ersten Versuch eines werbefinanzierten Senders vor allem auf der Ausstrahlung von Musiksendungen und indischen Spielfilmen auf und erntet regelmäßige Kritik der konservativen Kräfte für die Darstellung leicht bekleiderter Tänzerinnen.

Der dritte Privatsender, “Tolu-TV” ist außer in Kabul seit Anfang 2005 auch in Herat zu empfangen. Finanziert durch einen afghanischen Mobilfunkbetreiber stößt auch diese, für afghanische Verhältnisse aggressive, Form des Musikfernsehen von Tolu-TV bei vielen Afghanen auf Widerstand. Die wiederholten Aufhetzungen von religiösen Führern, Tolu-TV sei “unmoralisch und anti-islamisch”, gipfelten 2005 in dem bislang härtesten Rückschlag für die noch junge afghanische Pressefreiheit. Am 18. Mai 2005 wurde die, kurz vorher entlassene, 24-jährige Moderatorin von Tolu-TV, Shaima Rezayee, in Kabul von Unbekannten auf offener Straße erschossen.

Wenige Tage später erreichte Tolu-TV selbst traurige Berühmtheit, als es ein Geiselvideo der italienischen Entwicklungshelferin Clementina Cantoni ausstrahlte.

Versuche in Jalalabad, im Osten des Landes, das erste private Kabelnetz aufzubauen scheiterten im October 2003. Seit Mai 2004 haben sich jedoch 17 neue Kabelnetzbetreiber beim Afghanischen Ministerium für Information und Kultur registrieren lassen. Mit dem Ziel einen abonnentenbasierten TV-Vertriebsweg für In- und Ausländische Sender in den afghanischen Metropolen zu errichten ist hier wohl in nächster Zeit mit gesteigerten Aktivitäten zu rechnen.

Da bis jetzt nur ein geringer Anteil der Bevölkerung Zugang zu afghanischem Fernsehen hat, empfängt ein Großteil der Afghanen ausländische Programme über Satellit. Die Sprachbarriere stellt aber hierbei in Anbetracht des schlechten Bildungsniveaus ein massives Problem dar.